Bevorzugen Personalentscheider Psychopathen?

Kevin Dutton sieht auf den ersten Blick etwas schräg aus und trägt  gelegentlich eine Pistole der Marke „Glock“ in seiner Aktentasche mit sich herum. Professor  Dutton von der Universität Oxford setzt sich in seinem Buch „Psychopathen“  auf durchaus unterhaltsame Weise und dennoch  differenziert mit dem Phänomen der psychopathischen Eigenschaften auseinander. Eine wesentliche – und beruhigende – Aussage ist die, dass eine gewisse Ausprägung von psychopathischen Eigenschaften einen nicht gleich zu Hannibal Lecter werden lässt.                                                                                                                                                

 

Man unterscheidet  zwischen funktionalen und dysfunktionalen Ausprägungen. In der funktionalen Variante der Ausprägungen, wo Mischung und Intensität der psychopathischen Eigenschaften optimal zur beruflichen Rolle passen, ergeben sich durchaus vorteilhafte Fähigkeiten.

 

Als wesentliche psychopathische Eigenschaften, die im Autopiloten bestimmter Persönlichkeitsstrukturen programmiert sind, definiert Dutton:

 

• oberflächlicher Charme

• Skrupellosigkeit

• Fokussierung

• mentale Härte

• Furchtlosigkeit

• Leben im Moment

• Handlungsorientierung

 

Diese Eigenschaften muss man sich wie auf einem Mischpult angelegt vorstellen. Erst bei hoher Reglereinstellung aller Faktoren kann es bedenklich werden. Bei ausgewogenem Mischungsverhältnis und  Intensität ergibt  sich – je nach beruflicher Rolle und Situation-  ein durchaus vorteilhaftes Verhaltensrepertoire. Immer dort, wo Nervenstärke und schnelles, zielgerichtetes sowie möglicherweise konfrontatives und opportunistisches Handeln notwendig ist, ist man damit im Vorteil. In Situationen mit hohen Anforderungen an Integrationsvermögen, Empathie, Konsistenz und authentischer Transparenz sind einige der  Eigenschaften kontraproduktiv.

 

Im beruflichen Alltag stellt sich nun die Frage: Wie erkenne ich ein solches Verhaltensrepertoire? Es gibt natürlich eine Vielzahl von Tests, die aber nicht in jeder Situation nutzbar oder opportun sind. Also verlässt sich der geübte Personalentscheider auf seine Menschenkenntnis. Und hier beginnt das, was  „Die Illusion der Vertrautheit“ genannt wird. Nur weil man viel mit Menschen zu tun habe,  (er)kennt man noch lange nicht sein Gegenüber. Die zur Erfassung des individuellen Verhaltensrepertoires notwendige professionelle Menschenkenntnis beruht auf 3 Grunderfordernissen:

 

Schaffung einer theoretischen Basis wie Kenntnisse über Gruppendynamik, Kommunikationswissenschaft, Motivpsychologie, Typenlehre etc. planmäßige, systematische Fremdbeobachtung in  unterschiedlichen Situationen gezielte Selbstbeobachtung, um das eigene Filtersystem bei der Informationsaufnahme besser zu verstehen

 

 

Nur wenn die Führungskraft diese Voraussetzungen erfüllt, ist sie in der Lage das richtige Personal auszuwählen und die Individualität ihrer Mitarbeiter optimal zu managen. Beides Fähigkeiten, die in der moderne Unternehmensführung wesentliche Erfolgsfaktoren sind.